MARIE-Studie – Selen und Brustkrebstherapie

Studie stellt „Antioxidantien“ in Frage. Was ist dran?

Der menschliche Organismus benötigt für eine optimale Funktion Mikronährstoffe (Vitamine, Spurenelemente, Mineralien, Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe) in ausreichender Menge und in richtiger Zusammensetzung. Bei Menschen mit ausgewogener Ernährung sind Mangelzustände meist die Ausnahme. Bei erkrankten Menschen kann das anders sein.

Krebsstandardtherapien, wie zum Beispiel Chemo- oder Strahlentherapien, können das Ernährungsverhalten verändern und Mangelzustände entstehen lassen.

Hier kann die kontrollierte Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln im individuellen Fall sinnvoll sein.

Das gilt zum Beispiel für Selen, dass unter den Oberbegriff der Antioxidantien fällt. Es ist wissenschaftlich belegt, dass onkologische Therapien bei höheren Selenwerten im Blut signifikant besser verträglich sind. Es wird daher empfohlen, den Selenspiegel zu kontrollieren und einen etwaigen Mangel auszugleichen.

Trotz dieser gesicherten Aussagen wird das Thema „Antioxidantien“ immer wieder kontrovers diskutiert. Dies beruht auf der Beobachtung, dass die Wirksamkeit von Chemo- und Strahlentherapien auf der Aktivität von sogenannten freien Radikalen beruht.

Eine Neutralisierung der therapeutisch wichtigen freien Radikale durch Antioxidantien könnte die Wirksamkeit von Chemo- oder Strahlentherapie mindern oder gar aufheben.

Aktuell werden Krebspatientinnen/-patienten und Ärzteschaft durch eine Untersuchung auf Grundlage der MARIE-Studie verunsichert (1).

Die Aussage: Die Einnahme von antioxidantienhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln (z. B. Selen) zeitgleich zur Chemo- oder Strahlentherapie gehe mit einer erhöhten Rezidiv- (Rückfall-) und Sterberate bei Brustkrebspatientinnen einher.

Da diese retrospektive, auf Fragebögen basierende Untersuchung gravierende methodische Mängel aufweist, können die Ergebnisse diese Aussagen nicht belegen.

Insbesondere die Tatsache, dass die Auswertung der Untersuchungsdaten weder die Art der Antioxidantien noch deren Mischung, Dosierung und Einnahmedauer spezifiziert, lässt keine wissenschaftlich fundierte Aussage zu. Höchst mangelhaft ist zudem das Vorgehen, unterschiedlich wirkende Antioxidantien gemeinsam zu bewerten, um überhaupt eine statistische Aussage zu ermöglichen.

Aus wissenschaftlicher Sicht sind die getroffenen Schlussfolgerungen daher nicht haltbar.

Fazit

Es gilt die Empfehlung, sich weiterhin an der aktuellen S3-Leitlinie „Brustkrebs“ sowie an der Faktenaufstellung der Arbeitsgruppe Prävention und Integrative Onkologie (PRIO) der DKG zu orientieren

Quellen

(1) Jung AY et al. (2019). Antioxidant supplementation and breast cancer prognosis in postmenopausal women undergoing chemotherapy and radiation therapy. The American journal of clinical nutrition. 109(1):69–78.