Dem Alltag Struktur geben
Vom Zeitpunkt der Diagnose an gerät der gewohnte Tagesablauf durcheinander. Klinikaufenthalte, Arzt-, Behandlungs- und Beratungstermine sorgen jetzt für viele Vorgaben. Dazu kommen die durch Krankheit und Behandlung bedingten Einschränkungen. All das bringt eine Veränderung der Abläufe, die zusätzlich verunsichert.
Es ist wichtig, dem Alltag eine Grundstruktur zu geben, die Halt bietet.
Wer mit ausgewogener und regelmäßiger Ernährung ein gesundheitsbewusstes Verhalten einübt, ist bereits auf einem guten Weg. So sorgen feste Essenszeiten für Struktur im Tagesablauf. Zugleich bewirken die sorgfältige Auswahl und Zubereitung der Speisen und ihr bewusster Verzehr, einen achtsamen Umgang mit sich selbst.
Auch Bewegung und Sport haben Auswirkung auf das seelische Gleichgewicht. Wenn auch sie zum festen Bestandteil des Tagesablaufs oder des Wochenplans werden, geben sie Halt und Kraft. Bewegung hilft außerdem, mit dem durch die Erkrankung und Behandlung in Mitleidenschaft gezogenen Körper wieder vertraut zu werden. Die Krebserkrankung hat das Verhältnis zum eigenen Körper verändert. Sport und Bewegung helfen, neues Zutrauen in die körperlichen Möglichkeiten zu finden.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Alltagsstruktur ist regelmäßiger und ausreichender Schlaf. Neben dem Nachtschlaf kann auch eine tägliche Mittagsruhe dazu beitragen, dem durch Krankheit und Therapie beanspruchten Körper Erholung zu verschaffen. So entsteht durch den Wechsel von Aktivitäts- und Ruhephasen eine Tagesstruktur, die eine gute Voraussetzung für innere Ausgeglichenheit ist.
Normalität nicht erzwingen
Eine rasche Rückkehr zur gewohnten Normalität vor der Krebserkrankung ist oft nicht ohne weiteres möglich. Die neue Situation stellt ungewohnte Anforderungen. Innere Unruhe, vegetative Übererregtheit, manchmal auch Schlaflosigkeit sind nur einige sichtbare Zeichen der psychischen Belastung.
Für Zeiten besonderer Beanspruchung ist es wichtig, ein verändertes Arbeitstempo und veränderte Leistungsfähigkeit zu akzeptieren.
Nicht jede Arbeit muss sofort erledigt werden, nicht jeder Termin ist gleich wichtig. Es hilft, Ranglisten zu erstellen. Wichtige Tätigkeiten sollten auf Tageszeiten gelegt werden, in denen es üblicherweise leichter fällt aktiv zu sein. Weniger dringliche Angelegenheiten können verschoben oder in mehrere Schritte aufgeteilt werden. Dabei kann es auch ratsam sein, die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen.
Besonders in der Familie muss es zu neuen Absprachen kommen. Und zwar immer wieder. Zuständigkeiten dürfen wechseln und Aufgaben können anders verteilt werden. Trauen Sie sich zu sagen, welche Unterstützung Sie von Ihrer Familie brauchen. Auch die Nachbarschaft, der Freundes- oder Verwandtenkreis lassen sich einbinden.
Bitten Sie da, wo Sie Hilfe benötigen, um möglichst konkrete Unterstützung. Manchmal ist es auch möglich, vorübergehend eine bezahlte Unterstützung, beispielsweise durch eine Haushaltshilfe, in Anspruch zu nehmen. In Familie, Beruf und Umfeld darf sich etwas ändern, weil die Krankheit das Leben verändert hat.
Schöne Dinge tun
Neben den täglichen Erledigungen und Verpflichtungen ist es wichtig, sich auch Tätigkeiten zu widmen, bei denen Sie Kraft und Ausgeglichenheit finden. Oft liegt ein Schlüssel zur inneren Ausgeglichenheit in dem, was schon vor der Erkrankung besonders Freude gemacht hat. Vielleicht gibt es jetzt aber auch neue Ideen. Bei welchen Tätigkeiten befinden Sie sich im Einklang mit sich selbst? Welchem Hobby gehen Sie mit Vorliebe nach? Was lässt Sie die Zeit vergessen? Gibt es etwas, das Sie immer schon tun, erlernen oder erleben wollten? Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.
Viele Menschen gewinnen auch Kraft für sich selbst, indem sie sich für andere Menschen oder eine wertvolle Sache einsetzen. Die Mitarbeit in einem Verein oder das Engagement in einer Selbsthilfegruppe dienen anderen und können zugleich eine erfüllende Abwechslung sein.
Schöne Dinge
Entspannung oder Engagement kann nicht verordnet werden. Es geht darum, etwas zu tun was Sie mögen, was Ihnen gut tut und was für Sie wertvoll ist.
Gespräche suchen
Es ist nicht möglich, alle mit der Krebskrankheit verbundenen Belastungen auszublenden. Ein mühsam erzwungenes Vermeiden jedweder Aufregung dürfte aufreibender sein, als manch alltägliche Belastung selbst.
Man kann nicht jedem Stress entfliehen und auch nicht jedweder Angst. Nahezu alle Krebsbetroffenen kennen die Angst vor dem Wiederauftreten oder einem Fortschreiten der Erkrankung. Auch diese Angst lässt sich nicht ohne weiteres ablegen. Verdrängte Ängste melden sich unverhofft an anderer Stelle wieder und sorgen dort mit anderen Beschwerden für neue Probleme.
Damit Ängste wirksam abgebaut werden können, ist es wichtig über sie zu sprechen. Gespräche helfen, die Krebserkrankung und die Umstände der Behandlung zu überdenken und besser zu verarbeiten. Nicht umsonst empfiehlt der Volksmund, sich Belastungen „von der Seele“ zu reden.
Suchen Sie daher nach Gesprächspartnerinnen und -partnern, die Ihnen zuhören und mit denen Sie sich austauschen können. Vieles kann sich ordnen, wenn man es mit jemandem bespricht.
Häufig gibt es eine(n) solche(n) Vertraute(n) in der Familie. Manchmal kann es aber auch wichtig sein, gerade mit jemandem zu sprechen, der nicht als Familienmitglied auf seine Weise durch die Erkrankung mit betroffen ist. Vielen fällt es schwer, sich mit dem Thema Krebs anderen anzuvertrauen.
Und tatsächlich gilt es, Gesprächspartner*innen achtsam auszuwählen. Das kann eine Freundin/ein Freund sein, mit der/dem Sie schon immer alles besprochen haben, oder jemand, der Ihnen erst jetzt durch seine besondere Offenheit aufgefallen ist.
Nicht jedes Thema ist dabei für ein und dieselbe Person passend. So können je nach Bedürfnislage im Laufe der Zeit auch verschiedene Menschen die richtigen Gesprächspartner*innen sein.
Selbsthilfegruppen
Für viele krebskranke Frauen und Männer ist der Kontakt mit anderen Betroffenen sehr wichtig. In Nordrhein-Westfalen gibt es mehr als 300 Krebs-Selbsthilfegruppen. Hier treffen sich Betroffene zum regelmäßigen Erfahrungsaustausch, aber auch zu gemeinsamen Unternehmungen.
Die Selbsthilfegruppe ist eine wichtige Unterstützung, gerade dann, wenn man sich von der sonstigen Umgebung nicht ausreichend verstanden fühlt.
Die Mitglieder der Gruppen profitieren von den Erfahrungen, die andere Betroffene bereits gemacht haben. Viele Selbsthilfegruppen organisieren Vortragsveranstaltungen und Gesprächsrunden mit Ärztinnen und Ärzten oder Therapeutinnen und Therapeuten, um mehr über ihre Erkrankung sowie über Möglichkeiten der Therapie und Nachsorge zu erfahren. Die meisten Gruppen werden von erfahrenen, aber immer auch selbst betroffenen Frauen und Männern geleitet, die sich kontinuierlich weiterbilden.
Die Teilnehmenden von Selbsthilfegruppen …
- erleben, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind.
- erfahren, dass die anderen sie verstehen.
- spüren den Zusammenhalt der Gruppe.
- merken, dass sie anderen helfen können.
- können sich über die verschiedenen Bewältigungsstrategien austauschen.
- lernen von der Erfahrung der anderen, was ihnen selbst evtl. gut tun könnte.
- fühlen sich durch den Gruppeneffekt gestärkt.
- erleben ein Gefühl der Sicherheit.
Tipp
Die Krebsgesellschaft NRW e.V. hilft Ihnen gern dabei, eine geeignete Selbsthilfegruppe zu finden. Hier können Sie ganz unverbindlich vorbeischauen. Niemand „muss“ etwas von sich erzählen, Sie können zunächst auch nur zuhören.
Nach einigen Treffen werden Sie aber vielleicht merken, wie gut es Ihnen tut, offen über Erfahrungen und Gefühle reden zu können. Kontaktdaten der Krebs-Selbsthilfe NRW finden Sie hier.
Professionelle Gesprächspartner*innen
Wenn Sie weder in Familie und Freundeskreis noch in einer Selbsthilfegruppe geeignete Gesprächspartner finden oder Sie Ihre Angehörigen aus gutem Grund nicht belasten möchten, sollten Sie sich nicht scheuen, die Hilfe von Fachleuten in Anspruch zu nehmen. Diese können vor dem Hintergrund von Ausbildung und Berufserfahrung mit einem gewissen Abstand auf Ihre spezielle Situation sehen und Sie beraten.
Professionelle Hilfe finden Sie in Kliniken, in der ambulanten Versorgung und in Krebsberatungsstellen.
Adressen von Krebsberatungsstellen finden Sie hier